CHOREOGRAFIE:Katja Büchtemann
KOMPOSITION: Achim Bornhöft , Marco Döttlinger , Johann Sebastion Bach
TANZ: Laura Börtlein, Fione Darby Rettenberger, Verena Wilhelm
NAMES Ensemble Salzburg: Anna Lindenbaum, Violine; Marco Sala, Klarinette; Leo Morello, Violoncello.
RAUMINSTALLATION: Katja Büchtemann

Premiere: 6.Oktober 2019   SWT-Kulturwerk, Tübingen. Im Rahmen des Bachfests 2018  “Bach bearbeitet”

Unter dem Projekttitel „Bachläufe“ finden sich ein junges Ensemble aus zeitgenössischen Komponisten, Tänzerinnen und Musikern zusammen, um die modernen Bearbeitungen dreier Sätze aus Bachs Violinsonaten auf tänzerischer und musikalischer Ebene umzusetzen.

Thema der Produktion ist „das Verschwinden“, die verblassenden Erinnerungen, das Ausdünnen der eigenen Biographie in der Erinnerung. „Verschwinden“ – vielleicht war dieser Begriff nie aktueller als heute. In unserer Epoche, in der Bilder und Informationen im Sekundentakt gestreut werden, suggeriert er einen selbstgewählten Ausstieg aus dem beschleunigten Leben, mit anderen Worte: Ruhe. Doch ebenso wie eine Sehnsucht bildet er eine tiefe Furcht des Menschen ab, denn wer kennt sie nicht, die Angst vor dem Nicht-Gesehen-, vor dem Vergessenwerden oder dem eigenen Vergessen? Diese Angst verbindet Menschen seit Jahrtausenden.

Anhand dieses Tanzprojekts wird versucht zu zeigen, wie sich Bilder  in der Erinnerung neu ordnen, wie Erinnerungen zerfließen, zerlaufen, verwaschen, sich neu organisieren in einer Art, in der sie vielleicht nie entstanden sind.

Mit „Bachläufe“ wird das Thema dieses Bachfestes, „Bach bearbeitet“, in doppelter Hinsicht erfüllt: Drei Adagios aus den Violinsonaten (BWV 1014, 1016 und 1018) bilden die Grundlage der musikalischen Auseinandersetzung mit Johann Sebastian Bach. Um diese Werke aus ihrer „bequemen, behaglichen“ Bedeutung herauszulösen, werden sie auf instrumentale und elektroakustische Weise bearbeitet. Für eine instrumentale Bearbeitung wird der Notentext bis an die Grenzen der Erkennbarkeit gerastert und gedehnt und mit zusätzlichem Material tropiert bzw. „übermalt“. Die elektronische Variante funktioniert auf die gleiche Weise, mit dem Unterschied, dass hierzu nicht die Noten verwendet werden, sondern eine verfügbare Aufnahme. Bei den Kompositionen handelt es sich um Neukompositionen, denen einige Sätze aus Bachs späten Violinsonaten als Ausgangsmaterial zugrunde liegen. Dafür konnten die Salzburger Komponisten Achim Bornhoeft und Marco Döttlinger gewonnen werden.

Das körperliche Moment fügt dem klanglichen Erlebnis eine weitere Ebene, die des visuellen Erlebens, hinzu. Drei Tänzerinnen, drei Körper, drei Leben, drei Lebensläufe. Der Körper im Umbau, Struktur und Umgestaltung. Körpersprache soll diese Prozesse verdeutlichen und Berührungen als Spur verstehen, als Markierung einer Spur aus einem Wechsel von Kontakt und Entfernung. Die Berührung vergegenwärtigt sich im Fortgehen. Der Körper ist hierbei auch eine Karte seiner Erinnerungen.

Aufführungsraum ist das swt-KulturWerk in Tübingen. Die ehemalige Maschinenhalle der über hundert Jahre alten „Wasserkraftanlage Brückenstraße“ bildet mit ihren kargen Wänden, hohen Fenstern und Spuren industrieller Technik einen idealen Reflexionsraum: Auch sie ist ein Symbol für Erinnerung und Verschwinden und Teil des Auseinandersetzungsprozesses der „Bachläufe“.